Louis
Jordan: Let The Good Times Roll
Hey
y' a all, tell everybody
Mr. Jordan 's in town
I got a dollar and a quarter and I'm just
Rarin' to clown
But don't let nobody
Play me cheap
I've got 50 cents more than I'm gonna keep ...
("Let
The Good Times Roll", 1946)
Ohne
Zweifel: Für Louis Jordan waren die Good Times das "goldene
Jahrzehnt" seiner enormen Erfolge zwischen 1942 und 1952 . Kaum ein
anderer Musikername ist so eng mit dem Entstehen des Rhythm & Blues
verknüpft wie der Jordans. Seine Hits dieser Jahre wie "Caledonia",
"Five Guys Named Moe", "Is You Is Or Is You Ain't My Baby"
oder "Choo Choo Ch' boogie" waren fast durchgänging in
den Hitparaden vertreten und gehören nach wie vor zu den Standards
vieler Blues- und Swingbands. Heute gilt Louis Jordan zu Recht als "Urvater"
dieser Musikrichtung.
Der
1908 in Brinkley (Arkansas) in eine Musikerfamilie geborene Saxophonist
und Sänger trat 1936 ins Rampenlicht, als er in die Band von Chick
Webb, der auch die junge Sängerin Ella Fitzgerald entdeckte, engagiert
wurde. Der kleinwüchsige, durch einen Buckel behinderte Schlagzeuger
und Bandleader Webb - zum "Showman" nur wenig geeignet - überließ
Jordan das Ansagen der Titel: eine Aufgabe, die das Talent des Musikers
zum Entertainer offensichtlich förderte. 1938 verließ Louis
Jordan den 1939 verstorbenen Chick Webb, um seine eigene Band zu gründen:
Louis Jordan and his Tympany Five.
Jordans
Entschluß, daß er "für die Leute spielen" wolle
und nicht "in erster Linie für sich selbst" oder "ein
paar Kenner", prägte entscheidend seinen Stil als Entertainer
und Musiker. Der stark betonte Beat im 2/4 Rhythmus der Tympany Five,
auch als "Shuffle Boogie" oder "Jump Blues" bezeichnet,
sowie die sieben- oder achtköpfige Besetzung der Band definierten
bis in die fünfziger Jahre die "basics" für eine erfolgreiche
R&B Combo. Die
musikalischen Wurzeln der Tympany Five sind im "Kansas City-Jump"
der legendären Blue Devils - Keimzelle der späteren Count
Basie Big Band und auch im Boogie-Woogie-Revival der späten dreißiger
Jahre, das von den Pianisten Albert Ammons, Meade Lux Lewis und Pete Johnson
angeführt wurde, zu finden. Louis Jordan selbst, der seinen Abschluß
in Musik am Arkansas Babtist College absolvierte, war stets der
Blues-Tradition des Südens eng verbunden: Als Klarinettist und Saxophonist
sammelte er Erfahrung bei den Rabbit Foot Ministrels, die die Bluessängerinnen
Bessie Smith und Ma Rainey begleiteten, wurde 1932 in die Band von Charlie
Gaines nach Philadelphia verpflichtet und arbeitete u.a. mit Clarence
Williams, der ihm den Sprung nach New York ermöglichte. Bis zu seinem
Engagement bei Chick Webb hatte Louis Jordan reichlich Erfahrungen als
Profimusiker gesammelt und auf Tourneen die gesamten Südstaaten der
USA durchreist.
Jordans
"blues feeling" war letztendlich der Schlüssel zu seinem
Erfolg:
Der traditionelle Country-Blues verlor bei den Afro-Amerikanern, die seit
dem 1. Weltkrieg, während der Depressionsjahre und zu Beginn des
2.Weltkriegs in der Hoffnung auf bessere Jobs und weniger Diskriminierung
in die Industriemetropolen des Nordens migrierten, zunehmend an Bedeutung.
Big Band Swing war in den Dreißigern "hip" und getanzt
wurde "Lindy Hop" oder "Jitterbug".
In dem er in seinen Songs - sowohl dem Slang der urbanen Schwarzen als
auch den Gepflogenheiten des Südens vertraut - folkloristische Themen
wie in "Somebody Hoodooed The Hoodooman", " Ain't Nobody
Here But Us Chickens" oder "Saturday Night Fish Fry" aufgriff,
gelang ihm die Synthese aus Bluestradition und "modernem" Lebensgefühl
seines Publikums. Sein "hippes" Auftreten, "schwarzer"
Humor und Selbstironie, jedoch ohne die verpönte "Uncle Tom-Attitüde"
halfen mit, ein selbstbewußtes "black and pround" des
neuen schwarzen Mittelstands der vierziger Jahre zu konstituieren: Die
Zeiten der Versklavung und Mißhandlung auf den Baumwollfeldern des
Südens wähnte man vergangen und dem "country nigger"
wurde mit städtischer Hochnäsigkeit begegnet. Die Probleme des
Alltags sah man "relaxed" und dank der kriegsbedingten gesellschaftlichen
Zugeständnisse mit Optimismus.
Obwohl
Louis Jordan in den vierziger Jahren zu einem schwarzen "Popstar"
wurde, agierte er selbst nie explizit als rein "schwarzer Künstler".
Seine Platten - wie die Verkaufszahlen belegen - erreichten auch ein weißes
Publikum. "Ich verdiente an Weißen genausoviel wie an Farbigen"
erinnert sich Jordan 1973 in einem Interview mit Arnold Shaw. Mit "I'm
Gonna Move To The Outskirts Of Town" landete er 1942 seinen ersten
Hit in den Billboard "Race Charts". Ein Erfolg, der sich
nach zahllosen Auftritten in Clubs und Musiktheatern einstellte.
Nach der Trennung von Chick Webb trat Louis Jordan zunächst
mit wechselnden Musikern im Elks Rendezvous, einem Club in Harlem
auf. Der Durchbruch gelang jedoch in Chicago mit einem Engagement in der
Capitol Lounge, einem vorwiegend von Weißen frequentierten
Club, als Pausenfüller für die Mills Brothers. Anfang
der vierziger Jahre wurden Louis Jordan and his Tympany Five in
alle großen Städten der USA engagiert - oft zusammen im Programm
mit bekannten schwarzen und weißen Bands. Zu den wichtigsten Auftritten
in den Jahren der größten Popularität zählten jedoch
die regelmäßigen Auftritte im Apollo Theater, das über
Jahrzehnte für viele schwarze Künstler das Sprungbrett zum Erfolg
wurde und im Paramount am Broadway.
Fast
alle Hits von Louis Jordan and his Tympany Five erschienen bei
Decca Records, für die Jordan von 1938 - 1953 aufnahm: Die "major
companies" erkannten in der "race music" ein ungeheueres
Marktpotential: Nicht zuletzt durch
das Entstehen eines schwarzen Rundfunks in den späten dreißiger
Jahren und die Verbreitung von Jukeboxes und Nickelodeons konnten enorme
Stückzahlen an Schallplatten auch im "race market" abgesetzt
werden. J. Mayo Williams, Betreuer schwarzer Künstler bei Decca,
Milt Gabler, sein Aufnahmeleiter und Berle Adams, Jordans Manager,
besaßen offensichtlich das richtige "Fingerspitzengefühl"
für die Auswahl der Songs: Neben eigenem Material von Louis Jordan
und seinen Musikern griff man nicht nur auf Texte und Kompositionen von
schwarzen Autoren zurück. Ein Teil der Hits wie "Is You Is Or
Is You ain't My Baby" oder "Five Guys Named Moe" stammte
aus der Feder weißer Komponisten und Textschreiber und "Cho
Cho Ch' Boogie" war ursprünglich sogar ein Country & Western
Song. Bis zu seinem Bruch mit Decca hielt sich Jordan insgesamt 113 Wochen
an Platz "1" derR&B Charts. Auf der Höhe des Erfolgs
im November 1946 belegten Louis Jordan and his
Tympany Five mit den Titeln "Choo Choo Ch' boogie", "Ain't
That Just Like A Woman", "Stone Cold Dead In The Market"
und "That Chick's Too Young To Fry" die Plätze 1 - 4 der
R&B Charts. Insgesamt fünf aller Jordan-Hits überschritten
die "magische" Hürde von über einer Million verkaufter
Platten. Bevor Louis Jordan mit neuen Titeln ins Studio ging, erinnert
sich Berle Adams, wurden diese zunächst vor Publikum - oft während
Tourneen durch die Südstaaten - auf ihre Akzeptanz getestet. Wenn
dann die Platte erschien, war die Nachfrage bereits gesichert und man
hatte das damals bereits übliche "Payola" ("play for
pay" - Bestechung der Radio-DJs) umgangen. Angst vor Nachahmern gab
es nicht: "Wir wußten, daß wir da einen Hit hatten. ...
Jordan (hatte) so einen unverwechselbaren Stil und die Tympany Five einen
so charakteristischen Sound - keines von beiden war leicht zu kopieren".
Trotz
der unglaublichen Erfolge der vierziger Jahre - neben vielen Musik Clips
("Soundies") entstanden auch einige abendfüllende Filme
mit Louis Jordan and his Tympany Five - begann Jordans Stern in
den frühen fünfzigern zu sinken: mangelnder Nachschub an "gutem"
(Song-) Material, gesundheitliche Probleme, musikalische Experimente mit
einer Big Band Formation und schließlich das Nachwachsen jüngerer
Talente bzw. das Aufkommen des "Rock 'n' Roll" ließ die
Plattenverkäufe zurückgehen. 1953 verlängerte Decca Jordan's
Vertrag nicht mehr und an seine Stelle traten Bill Haley And His Comets,
die 1952 noch als Saddlemen "Western Swing" spielten.
Gabler, der nun Haley's Aufnahmen produzierte, bestätigte später,
er habe bewußt den "Jump Beat" der Tympany Five
in den "härteren" Stil der Comets eingebaut.
Dennoch blieb Jordan als "live act" während der fünfziger
Jahre beliebt und nahm Platten zunächst bei Alladin und später
bei Mercury und Tangerine, Ray Charles' Label, auf. Seine
Band, die Tympany Five hielt er - mit wechselnden Besetzungen -
bis 1961. Als Solo-Künstler war Louis weiterhin erfolgreich: Chris
Barber holte ihn nach England und in den sechziger und frühen siebziger
Jahren tourte Jordan durch die ganze Welt. Bis zu seinem Tod 1975 blieb
er als Musiker und Entertainer aktiv und erfuhr - wenn auch spät
- Respekt und Anerkennung als Jazz- und Blues-Künstler, der die Pop-Musik
des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflußt hat. Chuck Berry,
Do Diddley oder B. B. King benannten Louis Jordan als prägendes Vorbild.
Unumstritten allerdings war der "Vater des R&B" nicht: Obwohl
er sich wie viele junge (nicht nur) schwarze Musiker in den späten
dreißiger Jahren dem vom "weißen Geschmack" geprägten
Mainstream des Big Band Swing abwandte und mit seiner Combo der Entwicklung
eines urbanen Blues neue Impulse gab, erfuhr Jordan die Kritik der politisch
bewußten "black community" und vieler Bebop Musiker, deren
ästhetische Vorstellungen von schwarzer Musik und Kultur stark mit
seinem Konzept von rassenunabhängem "Entertainment" kollidierten.
Gelöst ist dieser Konflikt auch heute noch nicht.
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über Louis Jordan:
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"Louis
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LouisJordan.com
The Arkansas Black Hall Of Fame
78 rpm Diskografie
LP Diskografie
Quellen:
Chilton, John, Let The Good Times Roll - The Story of Louis Jordan &
His Music. The University of Michigan Press, 1994
Shaw, Arnold, Die Geschichte des Rhythm & Blues. Frankfurt am Main,
1983
Toshes, Nick, Unsong heros of rock 'n' roll: the birth of rock in the
wild years before Elvis. New York, 1999
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